1. Wann hast du das erste Mal davon geträumt, Schützenkönig zu werden?
Rainer Kieskemper: Relativ spät. Denn in Sachen Schützenverein war ich auch ein Spätberufener. Erst nach meiner Bundeswehrzeit bin ich zu den Jungschützen gestoßen – und war dann auch nur 2 Jahre dabei. Erste Gedanken an einen Königsschuss gab es vor 11 Jahren, als wir unsere Fahnentruppe gegründet haben. Wir sind eine lustige Truppe, zu der alle Thronherren gehören, und stellen vor dem Fest gemeinsam unsere Fahnen auf.
2. … und wann das erste Mal ernsthaft daran gedacht?
Rainer Kieskemper: Vor sieben Jahren. Da hatten wir uns bei Wemschulte im Garten getroffen und sind gemeinsam zum Platz gegangen, als das Vogelschießen schon lief. Die Schlange war lang – und wir haben uns spontan mit angestellt. Trotz einiger Widerstände unserer Frauen haben wir ernsthaft mitgeschossen. Aber damals war die Zeit wohl noch nicht reif. In dem Jahr ist Bernd Nüßing verdientermaßen König geworden.
3. Warum träumt man(n) davon, König der Bürgerschützen zu werden?
Rainer Kieskemper (schmunzelt): Andere machen Weltreisen, ich werde König. Im Ernst: Manchmal muss man einmal aus normalen Bahnen ausbrechen. Etwas Verrücktes machen, sich auch selbst herausfordern. Mein Königsschuss war am Ende etwas sehr Spontanes. Aber ich habe es nie bereut – ebenso wie meine gesamte Throngesellschaft. Wir haben viele Menschen kennen gelernt, wir haben neue Perspektiven auf den Verein erhalten, haben das Fest ganz anders und viel intensiver erlebt und jede Minute einfach genossen.
4. Der Moment, in dem der Vogel fiel: Woran erinnerst du dich?
Rainer Kieskemper: Das war eine positive Schockstarre. Ich dachte, ich steh im Film. Denn noch mal: Das war keineswegs geplant. Der Vogel machte doch den Anschein, als ob er noch bombenfest an der Stange saß. Also haben mein Thronherr Ludger Hufelschulte und ich voll draufgehalten – auch wenn meine Frau das nur mit einem Kopfschütteln bedacht hat. Aber als ich es dann realisiert hatte, dass der Vogel unten ist, habe ich mich unglaublich gefreut.
5. Der legendäre Mittagschlaf: Andere Aspiranten können vor Aufregung kaum etwas essen. Woher nimmst du die Ruhe, zu ruhen?
Rainer Kieskemper: Meine Frau sagt von mir, ich sei die Ruhe selbst. Und tatsächlich: Als das Königsschießen begann, habe ich zuhause über eine halbe Stunde tief und fest geschlafen.
6. Königin Anne: Wie war das für dich als der Vogel fiel?
Anne Kieskemper: Als ich zum Platz ging, kam mir Rainer entgegen – auf dem Weg zu seinem Mittagsschlaf. Insgeheim hab ich mir gedacht: „Puh, heute kann nix passieren“. Und dann tragen die Schützen plötzlich meinen Mann auf den Schultern. Die ersten Sekunden waren schon grausam. Denn eigentlich möchte man – außer mein Mann eben – so etwas ja planen. Aber im Nachhinein hat dieses spontane Erleben seinen ganz besonderen Reiz.
8. Wann habt ihr als Throngesellschaft den Entschluss gefasst, „Ernst“ zu machen?
Doris Braun: Die meisten haben sicher gedacht, das sei von langer Hand geplant gewesen. War es aber nicht. Vielleicht war das auch gut so. Denn nach langen Planungen und viel Nachdenken, wäre es vielleicht – und da spreche ich für unsere gesamte Throngesellschaft – nicht zu dieser Freude, diesem Spaß und dieser überschäumenden Begeisterung gekommen.
Rainer Kieskemper: Ich war total gerührt und hatte selbst Tränen in den Augen. Es war toll, diese große Freude bei den Schützen zu spüren. Diese Freude steckt an. Und sie trägt einen – auch heute noch.
Rüdiger Braun: Die Stunde auf der Theke, das war für uns alle der schönste Moment. Ich habe den Königsschuss selbst gar nicht mitgekommen. Und von jetzt auf gleich stand ich an Rainers Seite, auf der Theke, von hunderten gefeiert, am Beginn eines Thronjahres. Unglaublich.
Anne Kieskemper (lacht): Ich hab Rainer erstmal vors Schienbein getreten. Und dann haben wir es gemeinsam genossen. Aber so richtig!
8. Wann habt ihr als Throngesellschaft den Entschluss gefasst, „Ernst“ zu machen?
Rüdiger Braun: Gar nicht. Aber wir haben mit allen Thronherren und –damen gemeinsam spontan den Entschluss gefasst, mitzuziehen, als Rainer König war.
9. Welche Erinnerungen bleiben noch an diesen ersten Tag der Regentschaft?
Rainer Kieskemper: Ich bin irgendwann allein vom Festplatz nach Hause gegangen und habe in der Stiftskirche eine Zwischenstation gemacht, eine Kerze angesteckt und mich ganz allein still gefreut. Das war auch ein ganz intensiver Moment. Und danach ging der Trubel ja erst richtig los. Eine sehr ergreifende Präsentation der Thronpaare vor der Krönung, der Moment, als mir die Königskette überreicht wurde, der große Jubel und die tolle Beteiligung. Das war schon Wahnsinn.
Anne Kieskemper: Und dann waren wir auch sehr überrascht und erfreut, was unsere Freunde in kürzester Zeit für die Parade auf die Beine gestellt haben. Von den unzähligen Gratulationen beim Festball am Abend ganz zu schweigen.
10. Der „Tag 1“ nach dem Fest: Wie war der im Hause Kieskemper? Was sagten eure Kinder dazu?
Anne Kieskemper: Die haben sich richtig mitgefreut. Unser Sohn Bernd wollte es gar nicht glauben. Der war mit den Jungschützen noch beim Mittagessen und es brauchte mehrere Versuche, ihn davon zu überzeugen, zum Platz zu kommen.
Rainer Kieskemper: Am Morgen danach haben wir uns noch die Frage gestellt, ob wir denn verrückt sind. Gegen Mittag haben wir uns dann schon wieder gefreut, viele Schützen beim Aufräumen wiederzusehen.
Rüdiger Braun: Und irgendwie ging der Film dann weiter. Mit dem Ausklang bei Jankovic und vor allem dem Blinden Polterabend der Jungschützen. Mit wie viel Stil, Freundlichkeit und Stimmung wir in deren Mitte aufgenommen wurden: Da haben wir nicht mit gerechnet. Und das war bis heute eines unserer schönsten Erlebnisse als Thron.
11. Als Schützenkönig im Vorstand mitarbeiten: Eher Lust oder Last?
Rainer Kieskemper: Weder noch. Ich habe in den letzten 10 Monaten die intensive Arbeit, die im Vorstand geleistet wird, sehr schätzen gelernt. An was da alles gedacht werden muss, wie minutiös vieles geplant wird und mit welcher Leidenschaft diese Arbeit erbracht wird, das ist aller Ehre wert. Ich persönlich will in meiner Regentschaft nicht die Welt verändern. Ich habe nicht den Anspruch, Strukturen aufzubrechen, bei deren Erschaffung man sich vieles gedacht hat. Aber vielleicht hat meine Unvoreingenommenheit ja an der einen oder anderen Stelle auch Akzente gesetzt.
12. Was nehmt ihr als Königspaar und als gesamte Throngesellschaft an Stimmung mit in den Alltag?
Anne Kieskemper: Die vielen positiven Erlebnisse tragen uns seit fast einem Jahr im wahrsten Sinne durch den Alltag. Jedes Ereignis ist für sich etwas Besonderes. Oft können wir unsere Freude weitergeben. Aber wir erleben auch, dass unser Kommen Freude bereitet. So haben wir beispielsweise den gemeinsamen Tag mit dem Kinderthron besonders genossen.
Rüdiger Braun: Wir erleben Schützenwesen heute von einer ganz anderen Seite, als zuvor. Denn Schützenwesen hat in Freckenhorst viele ganz moderne Komponenten, die man dort nicht vermutet. Man kommt mit vielen Menschen zusammen, die man anders vielleicht nicht kennen gelernt hätte. Man erlebt die Menschen anders. Das schweißt zusammen – und das hält auch einen Ort zusammen. Kurzum: In diesem Verein ist man Zuhause.
13. Warum lohnt es sich, in Freckenhorst König der Bürgerschützen zu werden?
Rainer Kieskemper: Treffender als Rüdiger kann ich es kaum beschreiben: Gerade in einem Ort wie Freckenhorst ist es wichtig, dass viele Rädchen in einander greifen. Dass das so ist, spürt man woanders kaum so sehr, wie im Schützenverein. Und das durfte ich in diesem einen Jahr insbesondere erleben. Ein von gegenseitiger Wertschätzung geprägtes Miteinander. Ein hohes Engagement für die Gemeinschaft. Eine vorbildliche Ausrichtung auf die Zukunft. Und dann hat das Königsein natürlich noch weitere Vorzüge: hofiert zu werden, im Mittelpunkt zu stehen, überall willkommen zu sein. Das Gesamtpaket ist es, das den Königsschuss lohnenswert macht.
14. Diese Frage können nicht viele beantworten: Was ist schöner: Prinz oder König?
Rainer Kieskemper: Als ich 2008 WaKaGe-Prinz wurde, hatte ich keine Ahnung, was auf mich zukommen würde. Ich bin als Fremder nach Warendorf gegangen und als Freund angekommen. In der kurzen Session hat man mich quasi auf Händen getragen. Seitdem tragen wir beim Fahnenaufstellen die T-Shirts mit der Aufschrift „Erst Prinz – dann König“. (Schmunzelt): Dieser Aufforderung musste ich ja irgendwann gerecht werden. Als König in Freckenhorst bin ich natürlich stolz wie Oskar. Denn hier ist meine Heimat, hier kennen mich alle, hier kenne ich fast alle. Insofern war die Hürde, Prinz zu werden, sicherlich höher. Die Freude, König zu sein, ist aber mindestens genauso groß. Wenn auch das Königsein sich nicht wie die Karnevalszeit auf einen kompakten Zeitraum konzentriert. König bist du in Freckenhorst das ganze Jahr.
15. Was ist anders?
Rainer Kieskemper (lacht): Schützenfest ist wie Karneval im Sommer. Aber im Ernst: Die Intentionen liegen ja nahe beieinander. Es geht um soziale Gefüge, um Freude, um Miteinander. Und es geht darum, für ein Jahr einen Repräsentanten zu haben. Das war ich im Karneval und das bin ich im Schützenwesen gleichermaßen gerne.
16. Eine Frage an die Königin: Wie siehst du deine „Rolle“ als Königin? Auch vor dem Hintergrund, dass in eurem Regentschaftsjahr auch erstmals die jungen Damen mittendrin statt nur dabei sind?
Anne Kieskemper: Die jungen Damen im Verein empfinde ich als absolute Bereicherung. Mit ihnen hat dieser Verein noch einmal deutlich an Profil gewonnen. Und mit ihnen verfügt der Verein über einen absoluten Sympathieträger. Das freut mich als Freckenhorster Frau und natürlich auch als Königin.
17. Bist du selbst schon Mitglied geworden?
Anne Kieskemper: Bislang nicht, aber das wird noch vor dem Schützenfest geändert. Versprochen.
18. Der Verein hat ein rauschendes Jubiläum gefeiert und seitdem einige Neuerungen eingeführt. Siehst du als König den Verein auf dem richtigen Weg?
Rainer Kieskemper: Auch aus meiner Zugehörigkeit zum Vorstand kann ich sagen: Hier läuft alles gut und richtig. Dieser Verein bietet unglaublich viel Stil und Niveau und hat dabei nie die Bodenhaftung verloren. Hier harmonieren Tradition und Moderne in einer Art und Weise, die ich als vorbildlich bezeichnen würde. „Wir geben Traditionen Zukunft“ – diesem Jubiläumsmotto wird der Verein vollumfänglich gerecht.
19. Wie seht ihr nach dem Königsjahr eure eigene künftige Rolle im Schützenverein?
Rainer Kieskemper: Der Wandel, den Schützenwesen in den letzten Jahren vollzogen hat, war toll. Der Verein steht in voller Blüte. Das ist das Ergebnis einer tollen Vorstandsleistung, für die ich hier im Namen aller Freckenhorster herzlich Danke sagen möchte. Denn dass es läuft, wird allzu gerne als selbstverständlich hingenommen. Ich habe vor dieser Leistung höchsten Respekt und werde den Weg des Bürgerschützen-Vereins weiter gerne unterstützen.
20. An welche Erlebnisse im Thronjahr erinnert ihr euch besonders gern?
Doris Braun: An die großen und die kleinen Dinge. Wir haben die Begeisterung der Jungschützen beim Blinden Polterabend genauso genossen wie die Freude des Kinderthrons über unseren gemeinsamen Tag. Der Königsball im Mai war natürlich ein absolutes Highlight aber auch manch internes Throntreffen hatte es in sich.
21. Gibt es etwas, das ihr den Aspiranten für den Königsschuss 2013 mit auf den Weg geben wollt?
Rainer Kieskemper (lacht): Eine Mütze Schlaf vorher hat noch keinem geschadet.
22. „Euer“ Schützenfest ist nicht mehr weit weg. Was überwiegt aktuell: Aufregung oder Vorfreude?
Rainer Kieskemper: Ich denke, ich spreche im Namen der gesamten Throngesellschaft, wenn ich sage: Ganz klar die Vorfreude! Wir freuen uns auf die letzten aktiven Stunden als König, Königin und Throngesellschaft. Aber wir freuen uns auch auf und mit dem nächsten König. Wir rücken dann zurück ins zweite Glied und werden Schützenfest nicht nur wieder anders genießen, sondern künftig auch ganz anderes erleben. Denn dieses Jahr hat uns geprägt. Und wir können nur jedem empfehlen, es uns gleich zu tun.